Ein Text von Claudia.
Unsere Kinderwunschreise. Was für ein Wort. Der Wunsch nach einem Kind. Für viele kein Begriff, aber bei uns doch sehr präsent. "Ihr seid schon so lange zusammen. Wollt ihr denn keine Kinder?" Wie oft mussten wir das hören. Sowas fragt man einfach nicht. Man weiß nie, was das Gegenüber durchmacht oder schon durchgemacht hat.
Nach einiger Zeit ohne Pille und Gehibbel hier und da wusste ich, dass irgendetwas nicht stimmt. Im Gerinnungszentrum wurde auch nichts beanstandet. Bis auf die Thrombozyten. Obwohl ich aber eigentlich viele Diagnosen hatte. Laut Aussage der Ärzte aber nichts Behandlungsrelevantes. Dieses Dilemma wurde mir dann später jedoch zum Verhängnis.
Wir gingen den Weg in eine Kinderwunsch-Praxis. Wir wollten zunächst alles testen und probieren was möglich ist. Angefangen von Geschlechtsverkehr nach Plan. Danach Clomifen, Agnus Castus und andere Hormone. Es passierte nichts. Das PCO-Syndrom war bei mir bekannt. Meine Zyklen sind teilweise über 120 Tage lang. Somit habe ich keinen Eisprung und dann war es da, das Wunder: Im Dezember 2010 hatte sich tatsächlich jemand eingenistet. In diesem Zyklus nahm ich unterstützend Mönchspfeffer. Leider jedoch nur bis zur 12. SSW. Die Trauer überrannte die Freude und zwang mich in die Knie. Ich musste nämlich Anfang Januar ins Krankenhaus, denn ich hatte plötzlich solche Schmerzen und wusste, es stimmt etwas nicht. Leider war dann keine Herzaktion mehr da und es wurde eine Curettage (eine Ausschabung) vorgenommen. Dieses Wort alleine klingt schon nach Horror. Als es mir danach langsam besser ging, wurde eine Ultraschalluntersuchung der Eileiter (Echovist) gemacht. Dort wurde erkannt, dass ein Eileiter nicht durchgängig ist. Danach erfolgte eine Bauch- und Gebärmutterspiegelung im Krankenhaus und...
Wir haben eine 0,5% hohe Chance auf eine natürliche Schwangerschaft.
Ich werde die Worte des Arztes nie vergessen: Die Chancen auf eine natürliche Schwangerschaft sind zu 99,5% nicht gegeben. Ich habe einen Uterus Unicornis (kann man sich wie eine halbe Gebärmutter vorstellen, mit einem Eileiter, der aber bei mir nicht richtig funktioniert), ein Eileiter ist verschlossen der andere ist nicht direkt an die Gebärmutter angeschlossen. Wow. Das wie wie ein Schlag ins Gesicht und riss mir den Boden unter den Füßen weg.
Aber was war mit meinem 0,5% Wunder? Sollte es ein Wunder bleiben? Wie gehts jetzt weiter? Bekommen wir überhaupt ein Baby?
Wir haben dann im Krankenhaus noch entschieden, dass wir heiraten wollen. Seit Juni 2012 sind wir Mann und Frau. Danach haben wir die Reise in der Kinderwunsch-Praxis gestartet. Als verheiratetes Paar bekommt man nämlich 50% von der Krankenkasse bzw. auch 100% der Kinderwunsch-Behandlung erstattet. Es kommt auf die Krankenkasse und deren Satzungen an. Von den einzelnen Bundesländern kann man sich auch noch etwas zurückholen. Nach unsere Hochzeitsreise ging es los. Im September 2012. Wir waren in Berlin in einer Kinderwunsch-Praxis. Dort fühlten wir uns wohl. Es war irgendwie fast wie mein zweites Zuhause. Ich finde es ist sehr wichtig, die richtige Praxis für einen zu finden. Schnell war aufgrund der vorliegenden Befunde klar, dass es auf eine ICSI hinauslaufen wird. Dabei gibt der Mann sein Sperma ab und die Frau bekommt eine Kurznarkose, wo die durch Hormone herangezüchteten Follikel entnommen werden. Diese werden dann einzeln mit dem Sperma des Mannes befruchtet.
Die erste ICSI. Die erste Kyro.
Die erste ICSI hatten wir dann Ende September 2012. Stimuliert hatte ich mit einem Gonal F Pen und die Eizellenentnahme ergab 14 Stück. Leider war die erste ICSI negativ. Ich war traurig, wütend und es schossen so viele negative Gedanken durch meinen Kopf. Wir hatten aber zum Glück eine relativ viele entnommene Eizellen und konnten zehn, wenn ich mich richtig erinnere, befruchtetet Eizellen einfrieren lassen.
Ich überlegte nicht lange und es ging im Oktober direkt weiter mit einer Kryo. Die eingefrorenen befruchteten Eizellen werden aufgetaut und eingesetzt. Wir haben uns immer zwei zurückgeben lassen. Die Hormone als Spritze blieben mir im Kyro-Zyklus zwar erspart. Dafür musste ich aber in jedem Kryo-Zyklus immer Progynova nehmen, um meine Gebärmutterschleimhaut aufzubauen. Die erste Kryo schlug fehl. Hallo Gebärmutter, was ist looooos mit dir?
"Frau Pawel, herzlichen Glückwunsch. Sie sind schwanger!"
Wir wollten gleich weitermachen. In der 2. Kryo war es dann soweit. Eine Eizelle hat sich festgebissen. Ich habe selten getestet in den vierzehn Versuchen, die wir insgesamt hatten. Dieses Mal auch wieder nicht. Ich werde nie vergessen, dass wir kurz vor Weihnachten Essen bestellten und mir so übel vom Geruch war. Aber ich habe noch nicht gewusst, dass ich schwanger bin. Dann kam noch im Restaurant der Anruf von der Kinderwunsch-Praxis: „Frau Pawel, herzlichen Glückwunsch, Sie sind schwanger!“ Ein Baby! Ich habe geweint und gelacht vor Freude. Wir waren so glücklich. Das war ein zauberhaftes Weihnachten. Wir haben jedoch keinem was davon erzählt. Zu tief saßen die Angst und vor allem die Verlustängste. Wir vereisten dann über Silvester. Ich konnte nichts richtig genießen, weil mir so übel war. Aber das war nicht schlimm, wir wussten ja, wofür das ist. Unser Traum ging nun endlich in Erfüllung. Oder?
Am 06.01.2013, das Datum werde ich nie vergessen, stand ich bei meinem Chef im Büro. Auf einmal hatte ich solche Schmerzen und das Blut, es lief, es lief einfach los. Ich schaffte es gerade noch so auf die Toilette.
Ich dachte, es ist wieder alles vorbei und bin deshalb direkt zum Arzt gegangen. Zum Glück war es „nur“ ein Hämatom. Er verordnete mir Bettruhe. Mini strampelte kräftig weiter im Ultraschall. Was für ein Schreck.
Der errechnete Termin war der 29.08.2013. Da ich aber schon zwei Monate vor Entbindungstermin Wehen hatte, wurde er bereits am 08.08.2013 geholt. Beckenendlage ab der 21. SSW und dann noch mein Thrombozyten-Problem. Ein Kaiserschnitt stand schnell fest. Aber uns ging es gut damit und wir konnten uns vorbereiten. Alles ging gut. Uns ging es gut. Unser Traum war Wirklichkeit geworden und das Kämpfen hat sich gelohnt. Unsere Dankbarkeit ließ sich nicht in Worte fassen.
Soll er ein Einzelkind bleiben?
Der Große war keine zwei Jahre alt, da machten wir uns Gedanken darüber, ob er denn ein Einzelkind bleiben soll. Wäre das schlimm? Für ihn, für uns? Wir haben das offen kommuniziert. Und wurden auch des Öfteren gefragt, wann es denn bei uns mit dem zweiten Kind weiterginge. Ich bin innerlich explodiert. Warum fragt man so etwas? Die Familienplanung geht außer uns als Familie niemanden etwas an. Niemanden! Meine Standardantwort war immer, das wir sehen müssen, was die Zeit bringt.
Es gab keine sichere Antwort auf die Frage nach dem Geschwisterkind. Niemand weiß, ob, wann und wie es bei uns klappt. Wir wussten aber langsam sicher, dass wir noch ein Geschwisterkind wollen. Aber das der Weg so steinig und lang wird, konnte keiner erahnen. Bei dem Großen waren es drei Versuche, der 3. war sozusagen unser Glückstreffer. Glückszahl 3.
Der lange und steinige Weg zu Bens Geschwisterchen.
Als Ben zwei Jahre alt wurde, entschlossen wir, im Herbst wieder in die Kinderwunsch-Praxis zu gehen. Wir hatten noch Kryos und wollten es wagen. Die erste Kryo noch aus der ICSI 2012 im Dezember 2015 schlug leider fehl. Die 2. und letzte Kryo, die wir aus dem 2012er noch hatten und im Januar 2016 umsetzten, war erfolgreich. Leider jedoch nur kurzzeitig. Es handelte sich um ein Windei. Nach mehreren Ultraschalls bei zwei Ärzten und im Krankenhaus wurde dann beschlossen, eine Ausschabung durchzuführen. Ich war am Boden zerstört. Mir ging es körperlich gut, aber seelisch hatte ich damit sehr zu kämpfen. Nach einer kurzen Pause ging es dann weiter. Wieder zur Kinderwunsch-Praxis. Leider musste die Praxis schließen, da der Vermieter das Haus abreißen wollte. Ich suchte eine neue Praxis und bin nur zehn Minuten Fußweg von der Arbeit aus fündig geworden.
Die Praxis war anders. Größer, mehrere Ärzte. Aber toll. Ich war hin und weg und bekam beim Chef persönlich einen Termin. Wir beide waren uns direkt sympathisch. Gleicher Humor, das war gut. In der derzeitigen Situation wurde ich lieber von Menschen behandelt, die ohne Umwege und ohne Rücksicht aufklärten und Diagnosen erklärten. Ohne Mitleid. So ein Typ war er. Ich hatte mein neues zweites Zuhause gefunden. Ein richtig nettes Schwesternteam dazu und insgesamt fünf Ärzte in der Praxis. Meine beiden Schwestern aus der vorherigen Praxis fingen auch dort an, weil auch mein ehemaliger Kinderwunscharzt dann dort praktizierte. Aber ich bin beim Chef und einer Ikone in der Reproduktionsmedizin geblieben. Sein fröhliches Pfeifen werde ich nie vergessen. Egal, ob im Flur, im Behandlungszimmer oder im OP-Bereich.
Die nächsten ICSIs, die nächsten Kyros.
Wir starteten dann dort unsere 2. ICSI im Juni 2016. Mit Menogon hatte ich vorab stimuliert. Leider schlug die 2. ICSI jedoch fehl. Die Qualität von meinen Eizellen war immer gut, die Ausbeute auch. Ich hatte immer 12-16 Eizellen und eine Befruchtungsrate von <80%. Wir starteten in die nächste Kryo, die wir dann aber abbrechen mussten, weil meine Gebärmutterschleimhaut nicht hoch und gut genug aufgebaut war. Die Kryo darauf gab es eine höhere Dosis Proginova und Progestan. Doch leider war dann auch die Kryo im August ohne positives Ergebnis.
Nach einer kurzen Pause ging die Behandlung weiter. Im Oktober dann die nächste Kryo. Wieder alles sehr gut. Bis auf das Ergebnis. Das war nämlich erst positiv und dann negativ. Zum Glück blieb mir aber das Krankenhaus diesmal erspart. Wieder nicht geblieben. Warum? Warum ich? Warum wir? Wie oft ich mich das gefragt habe. Wir überlegten nicht lange und dann ging es weiter mit der nächsten ICSI Planung im Dezember 2016.
ICSI Nummer 3. Die Nr. 3 brachte uns bei Ben Glück. Wir blieben optimistisch. Unser 2. Wunder wird sicher bald den Weg zu uns finden. Wir haben auch beschlossen jetzt immer auf fünf Tageskulturen zu gehen. Die Zelle, die es bis dahin schafft, schafft es auch weiter. Morula oder Blastozyste, kommt her, wir sind bereit. Ich habe immer auf dem Stuhl Namen vergeben. Namen für die beiden Bauchbewohner. Immer einen weiblichen und einen männlichen Namen. Sowas wie Fred und Inge oder Heinz und Ursel. Das gehörte dazu und wurde zum Ritual. Die 3. ICSI endete leider auch wieder negativ endete.
Wir wollten weitere Untersuchungen anstreben. Wir haben meine Killerzellen mit einer Entnahme einer Gewebeprobe der Gebärmutter testen lassen. Dazu haben wir den ERA-Test machen lassen. Beides ergab nichts Spektakuläres. Die Killerzellen lagen im Normbereich und das Transferfenster war auch genau richtig. Beide Tests waren also super gelaufen und es gab nicht viel zu ändern. Alles war ok, wie es war. Das Ergebnis befriedigte mich nicht.
Die Planung der nächsten Kryo stand an. Ich hielt wieder einen positiven Test in der Hand. Diesmal wird alles gut. Kryo Nummer 7. Aber leider sollte es auch diesmal nicht sein. Die 4. Fehlgeburt stand vor der Tür und zwang mich zu Boden. Wieder 1.000 Fragen und keine Antwort. Ich habe es nicht begriffen. Was läuft denn da nur falsch? Was mache ich falsch? Was stimmt nicht mit mir? Man sucht die Schuld bei sich. Ich glaube, das ist auch ein automatischer Prozess. Man kann aber nichts dafür. Jeder zusätzliche Rückschlag lässt einen zweifeln und zwingt einen zu Boden. Das Krankenhaus blieb mir zum Glück noch einmal erspart, wenigstens das. Um mich herum bekamen alle Kinder. Ich zerbrach innerlich etwas mehr und war froh, meinen Großen und meinen Mann zu haben. Beide holten mich immer wieder raus aus dem Loch, dass immer tiefer zu werden schien. Mein Mann war immer da und baute mich auf und motivierte mich. Ich bin froh, ihn an meiner Seite zu haben. Er ist der beste Papa, der beste Papa für unsere Kinder. Kinder, genau, es geht einfach noch weiter.
Die Geschichte ist noch nicht vorbei. Leider.
Wir planten unsere 4. ICSI für Richtung Sommer 2017. In diese starteten wir erholt und motiviert. Alles lief wie sonst. Also gut. Wir waren überzeugt, dass es nun klappte. Aber nein. Leider wieder nicht. Wir waren vorher noch beim Immunologen. Er riet mir zu Fischölkapslen und Fusion. Meine Killerzellern waren erhöht, das Fischöl wirkt dem wohl positiv entgegen. Meine Schilddrüse wurde auch nochmal gecheckt. Und: Schilddrüsenunterfunktion. Es gab von nun an täglich eine L-Thyroxin 50. Leider haben die neuen Wundermittel auch nichts gebracht. L-Tyroxin 50 nehme ich weiter, das gehört jetzt zu mir dazu. Weiter ging der Optimismus. Vielleicht brauchen die Medikamente doch länger, um zu wirken. Also haben wir die nächste Kryo geplant. Kryo Nr. 8 zum Herbst hin.
Ich hatte so gut wie alles testen lassen, war gesund und wieder motiviert. Jetzt aber! Oktober kam, die Kryo auch. Nun ja, leider wieder ohne Erfolg. Wieder ein Stück der Krone abgebrochen, es kann doch nicht sein. Nach Rücksprache mit meinem Arzt kam uns die Idee, vom Gerinnungszentrum, wo ich seit Jahren bin, mal zu einer anderen Praxis zu wechseln. Zu einem Hämatologen. Mit dem arbeitet die Kinderwunsch-Praxis auch zusammen. Ich kam durch meinen Arzt schnell an einen Termin.
Zwischenzeitlich beschlossen mein Man und ich, uns über das Thema Adoption zu informieren. Das wäre für uns in Frage gekommen. Aber leider spielen da die Ämter bzw. Behörden nicht so, wie wir es gerne gehabt hätten. Deren Worte haben sich bei mir eingebrannt: "Es tut uns leid, aber da Sie schon ein leibliches Kind haben, besteht für Sie keine Möglichkeit der Adoption. Es ist davon auszugehen, dass Ihr leibliches Kind bevorteilt/bevorzugt wird."
Die Ergebnisse des Hämatologen schockierten uns.
Die Ergebnisse des Hämatologen waren nun auch da. Mir wurden zwölf (!) Röhrchen Blut abgenommen und nun hatte ich den Termin zu Auswertung. Ich war doch leicht nervös. Zurecht, denn das Ergebnis schockierte mich. Wieso hat mich das Gerinnungszentrum nicht auf Grund der vorliegenden Diagnosen behandelt? Ich hätte mir bestimmt einige Fehlgeburten ersparen können. Ich habe also mehrere Gerinnungsstörungen, die laut meiner alten Gerinnungspraxis keiner Behandlung bedürfen. Nun ja, so war es aber nun leider doch nicht. Mein Hämatologe schlug die Arme über dem Kopf zusammen. Wir hatten ein langes und ausführliches Gespräch. Nun hieß es Arixtra spritzen und 3/5 Tage vor, zum und nach dem nächsten Transfer Antikörper spritzen, um mein Immunsystem und die Killerzellen abzulenken. Damit diese den Embryo nicht abstoßen und eine Einnistung möglich wird.
Ich musste das erstmal sacken lassen. Zwei Tüten voller Medikamente. Und voller Kampfwillen. Im November startete dann die 5. ICSI. Am 29.11.2017 war der Transfer. Es musste nun alles gut werden. Vielleicht. Endlich. Bitte. Am 11.12. testete ich positiv. Kurz vor Weihnachten. Genauso wie bei Ben. Wir waren so froh und glücklich. Wieder mal kurzzeitig. Am 17.12. gingen die Blutungen los. Am nächsten Tag war Termin vor Ort beim Gynäkologen. Ich klagte über heftige Schmerzen auf der rechten Seite. Die seien aber nicht behandlungsbedürftig. Zum Glück habe ich noch kurzzeitig einen Termin in meiner Kinderwunsch-Praxis bekommen. Ich wusste einfach, dass da etwas nicht stimmen kann und wollte es abklären. Das Gefühl trog nicht: fortgeschrittene Eileiterschwangerschaft. Ich musste im Krankenhaus notoperiert werden.
Als die Operation vorbei war, fing ich langsam an, zu realisieren, was hier gerade passiert ist. Ich wartete auf das Arztgespräch. Zum Glück konnte trotz Operation alles erhalten bleiben. Fast alles. Der Embryo nicht mehr. Die 5. Fehlgeburt, eine Hand voll Sternchen. Ich war am Boden zerstört und meine Stärke schwindete dahin. Entlassen wurde ich am 24.12.2017, genau nach dem Weihnachtssingen. Die Situation war mies, der Zeitpunkt zu Weihnachten noch mieser und überhaupt. Mir ging es einfach nicht gut. Ich liebe Weihnachten, aber dieses Jahr war es anders. Ich musste mich erstmal erholen körperlich. Und natürlich auch geistig. Ich musste zu Nachkontrollen und habe erst einmal Zeit zum Erholen gebraucht. Das alles hat mich sehr getroffen. Unser Großer hat zum Glück nie wirklich etwas davon mitbekommen. Wir haben etwas Zeit vergehen lassen, waren im Urlaub und haben dann beschlossen, zwei weitere Eizellen meiner eingefrorenen abzuholen.
Endet die Geschichte endlich positiv? Ich kann nicht mehr.
Am 30.05.2018 war dann der Transfer von zwei zauberhaften 5 Tage-Blastos, die es geschafft haben. Blume und Schildkröte, Klaus und Bärbel. Diesmal musste es doch klappen. Die Wartezeit zog sich wie Kaugummi und ich hatte mir eine Kieferhöhlen-Entzündung eingefangen. Am 11.06.2018 war dann endlich der Termin für den Bluttest. Danach ging ich zur Arbeit. Ich konnte mich kaum konzentrieren und wartete eigentlich nur auf den Anruf. Und es klingelte. Ich war gerade allein im Büro, zum Glück. "Frau Pawel, herzlichen Glückwunsch, Sie sind schwanger!" Die Werte habe ich mir diesmal direkt notiert: HCG 378, E 2126, Prog 7,66. Ich habe die Daten und Werte noch immer im Portemonnaie auf dem Zettel. Ich weinte vor Freude und konnte es nicht fassen. Dieses Mal musste es einfach gut gehen. In der 7. SSW gingen aber wieder Blutungen los. Das darf doch nicht sein! Ich bin direkt zu meiner Gynäkologin. Mein Verdacht auf ein Hämatom, wie bei Ben, hatte sich dann zum Glück bestätigt. Ich sollte mich schonen. Es dauerte gute zwei Wochen, bis das Hämatom verschwunden war. Dem kleinen Klaus-Bärbel ging es blendend.
Da ist doch endlich Klaus-Bärbel!
Alle Untersuchungen liefen gut. Wegen meiner Vorgeschichte musste ich regelmäßig zur Frauenärztin. Das gab mir dann auch die gewisse Sicherheit. Als dann in der 17. SSW eindeutig war, dass es ein Mädchen wird, eine Bärbel, waren wir hin und weg. Ein Pärchen, großer Bruder, kleine Schwester. Das Geschlecht war uns natürlich egal. Hauptsache gesund und allen gehts gut. Das ist wichtig. Der Große hatte sich immer eine Schwester gewünscht. Wir freuten uns sehr und alle mit uns. In der 19. SSW gingen dann schon Vorwehen los. Ich war dann regelmäßig im Krankenhaus und musste die Schwangerschaft leider überwiegend im Liegen verbringen.
Mein Mann und meine Freunde waren immer für mich da. Immer. Das Liegen war wirklich kräftezerrend. Aber alles würde ich tun, für euch, für dich, für dieses kleine Leben. Die Monate vergingen. Etwas zäh, weil ich ja fast nur gelegen habe, aber sie vergingen. Der Kleinen ging es bestens. Sie war putzmunter und gesund. Das ist die Hauptsache. Mama und Mini Me-Bärbel ging es gut.
Der errechnete Entbindungstermin war der 17.02.2019. So lange wollte sie dann aber auch nicht warten. Durch meine niedrigen Thrombos und der Beckenendlage war der Kaiserschnitt beschlossene Sache. Es war ein kalter Tag, der 30.01.2019. Es waren -10 Grad und die Sonne schien. Ich habe Joghurt mit Granatapfelkernen gegessen und Shoppingqueen geschaut. Und dann: Blasensprung. Ganz plötzlich.
Ich sollte wegen der Beckenendlage und der Thrombos sofort ins Krankenhaus und liegen. Ja, das machte ich auch. Der Krankenwagen fuhr mich ins Krankenhaus. Mein Mann kam mit der Kliniktasche hinterher und der Große wurde vom Opa aus der Kita abgeholt. Die Wehen ließen nicht lang auf sich warten. Dieses Mal musste es schnell gehen und ich bekam eine Vollnarkose. Diese gibts dann auch erst, wenn alles andere vorbereitet ist. Damit das Baby mit so wenig Narkosemittel wie möglich in Kontakt kommt.
Als ich wach wurde, warteten mein Mann und unser Baby im Kreißsaal. Unter Freudentränen begann dann am 30.01.2019 das Leben zu Viert. Unsere Reise war zu Ende. Das Bangen und Hoffen, all die Berg- und Talfahrten, das erneute Aufstehen und kämpfen. Es war nun vorbei und es hat sich gelohnt. Ich kann immer gar nicht in Worte fassen, wie unendlich dankbar und stolz wir sind. Zu uns aufs Zimmer kam dann, als ob es Bestimmung war, eine mir nun sehr lieb gewonnene Freundin. Sie hatte auch ihr Baby durch die Behandlung in einer Kinderwunsch-Praxis bekommen. Das konnte kein Zufall sein. Wir kannten uns nicht, waren uns aber direkt sympathisch. Es vergeht selten ein Tag, an dem wir nicht voneinander hören.
Kinderwunsch verbindet.
Ich möchte allen, die den Weg über eine Kinderwunschklinik gehen alles Glück der Welt wünschen und nur das allerbeste. Eure Zeit wird kommen, ihr werdet euer Wunder im Arm halten. Gebt nicht auf! Wir haben für beide Wunder 14 Versuche benötigt. 5 ICSIS und 9 Kryos. Wir hatten tatsächlich bei beiden mit Kryos Glück. Unsere Eisbärchen sind das Beste, was uns im Leben passieren konnte.
Ihr könnt mich gern anschreiben. Ich stehe gern mit Rat und Tat zur Seite. In all den Jahren Kinderwunsch-Zeit haben wir wirklich viel erlebt und es hat uns geprägt. Ich möchte daher unsere Geschichte gern weitergeben. Sie soll Mut machen. Aufgeben ist keine Option, wenn man das Ziel vor Augen hat. Ich drücke euch. All die, die es vor sich haben, mitten drinstecken oder schon verzweifeln. Eure Zeit wird kommen, ganz sicher. Ein Kind wird zu euch finden, egal, über welchen Weg.
____________________________________________________________________________________________________________
Danke für deinen ausführlichen Bericht, liebe Claudi. Ich freue mich sehr für euch, dass ihr nun komplett seid.
Wer mit Claudi Kontakt aufnehmen möchte, kann dies über Instagram tun. Sie ist dort als @claudipawletti aktiv.