Eure Kinderwunsch-Geschichte XVI: Ich bin 42 Jahre alt und träume noch manchmal von einem 2. Kind.

Die Verfasserin des Textes möchte gern anonym bleiben.

Ich war mit allem ein ziemlicher Spätzünder. Irgendwie. Erster Freund mit 19 Jahren, erstes Mal mit 19. Wir waren über zehn Jahre zusammen. Aus seiner Familie kamen immer wieder die obligatorischen Fragen. "Wann heiratet ihr?" "Wollt ihr keine Kinder? Ihr seid doch schon so lange zusammen!" Mich hat das Thema so genervt, dass ich darauf echt keine Lust mehr hatte. Insgeheim denke ich, dass ich mit ihm gar nicht diesen Weg gehen wollte. Zu dem Zeitpunkt war mir das aber nicht bewusst.

Irgendwann hab ich dann jemand anderes bei meinem Nebenjob kennengelernt, der mir sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt hat. Es lief nie etwas zwischen uns, aber ich habe bemerkt, dass er mich mehr unterhalten kann als mein Freund. Nach relativ kurzer Zeit habe ich mich dann von meinem Partner getrennt. Die einzig logische Konsequenz. Das war wie ein Befreiungsschlag. Nach zehn Jahren hab ich gemerkt, dass ich das schon viel früher hätte machen sollen.

Nach einem Jahr hab ich dann jemand Neues kennengelernt und wir sind recht schnell zusammen gekommen. Das habe ich mir immer gewünscht. Einen Mann, der mich so akzeptiert, wie ich bin. Wir sind nach kürzester Zeit schon zusammen in den Urlaub gefahren und haben viel unternommen. Das kannte ich aus meiner vorherigen Beziehung nicht. Es fühlte sich alles perfekt an. Aber der Schein trog. Er meldete sich auf einmal nicht mehr regelmäßig bei mir. Wir haben uns nicht mehr jeden Tag gesehen. Er war scheinbar lieber mit seinen Freunden unterwegs. Nach fünf Monaten war die Beziehung aus seiner Sicht zu Ende. Die Trennung kam per Nachricht auf mein Handy. Das war ein Schock. Mir ging es tagelang körperlich richtig schlecht. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Keinen Kontakt mehr. Beziehung gescheitert.

Nach ein paar Wochen fiel mir dann auf, das ich meiner Periode nicht mehr bekam. Das hat mir jetzt noch gefehlt. Gerade 30 geworden, frisch getrennt und ungewollt schwanger. Wie sagt man ihm das? Ich habe mich dann unter einem Vorwand bei ihm gemeldet und wir haben uns verabredet, damit wir die Sachen tauschen, die wir noch von einander haben. Dann habe ich ihm alles gesagt. Er war ganz ruhig und hat auch sofort angeboten, mich zum Arzt zu begleiten. Die Schwangerschaft verlief komplikationslos und harmonisch.

Als unsere Tochter geboren wurde, lief es auch ganz gut bei uns. So als Eltern. Wir haben uns regelmäßig mit der Kleinen getroffen, da ich gestillt habe. Ich bin nach kurzer Zeit wieder arbeiten gegangen, um den Anschluss nicht zu verlieren und um das Elterngeld aufzustocken. Unsere Beziehung ist seit dem gut, aber auch nicht die beste. Wir haben unterschiedliche Interessen und Ansichten. Aber das ist okay bei getrennten Paaren.

Mein Traum wurde Wirklichkeit. Bis er mir sagte, dass er unfruchtbar ist.

Viele Jahre war ich danach Single. Arbeit und Kind sind mir genug. Da haben der Kopf und das Herz wenig Raum für einen Mann. Bis er kam. Der Traummann, wirklich. Groß, intelligent, witzig und gutaussehend. Da stand er. Ein Arbeitskollege von meiner Freundin. Wir verstanden uns richtig gut und ich hatte von Anfang an ein sehr gutes Gefühl. Er ist perfekt. Für meine Tochter, zum Heiraten und für weitere Kinder. Für alles irgendwie. Er war der Bonuspapa für meine Tochter. Ich konnte den beiden stundenlang beim Spielen zugucken. Mir kamen die Tränen, wenn sie mit ihm malte oder mit Knete spielte. Eine absolute Bereicherung für uns beide. Nach 1,5 Jahren sind wir zusammen gezogen. Eine Traumwohnung: Erdgeschoss, Garten und fünf Zimmer. Mein Traum wurde Wirklichkeit.

Bis er mir sagte, dass er unfruchtbar ist. Das hat gesessen. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Er hatte als Jugendlicher im Alter von vierzehn Jahren Morbus Hodgkin (Lympfdrüsenkrebs). Durch die Bestrahlung ist er leider zeugungsunfähig geworden. Leider hielt unsere Beziehung danach nicht mehr lange. Ob es an dieser Geschichte lag, kann ich im Nachhinein gar nicht mehr sagen. Ich hab es akzeptiert, dass wir zwei keine Kinder haben werden und meine Tochter keine Geschwister haben wird. Oder vielleicht lag es am auch zusammenziehen. Zuvor war alles perfekt.

Und jetzt, jetzt bin ich 42 Jahre alt.

Nun bin ich frische 42 Jahre. Diese Trennung ist nun sechs Jahre her. Einen Mann gab es danach nicht mehr. Zu viele Enttäuschungen hab ich mit den Beziehungen erlebt. Mein Kinderwunsch hat trotzdem nie nachgelassen. Ich habe mir immer vorgestellt, wie das wohl so mit einem zweiten Kind sei. Wenn meine Tochter immer jemanden zum Spielen hätte. Und zum Streiten. An einen neuer Partner war nicht zu denken. Sucht man sich irgendwo einen Mann, nur, um ein Kind zu bekommen? Oder geht man ins Ausland in eine Kinderwunschklinik? Oder lässt man sich auf Co-Parentin ein? Fragen, die mich seit Jahren beschäftigen, auf die ich aber keine Antworten finde.

40 war immer ein Alter, wo ich mir selber ein Schlussstrich gezogen habe. Akzeptieren kann ich es bis heute nicht. Der Wunsch, nochmal schwanger zu sein, ein Baby zu gebären, es zu stillen und stundenlang anzusehen. Der Wunsch ist nach wie vor da. Wenn da die vier im Alter nicht wäre. Zumal da auch noch die finanziellen Gedanken eine große Rolle spielen. So wie jetzt kann es im Beruf nicht weiter gehen. Da kann man nicht mehr 35 Stunden die Woche arbeiten gehen. Meine Tochter ist jetzt elf Jahre alt. So selbständig und (fast) aus dem Gröbsten raus.

Du siehst, es hat alles ein Für und Wider. Kein Weg ist der richtige oder falsche. Es sollte wohl nicht so sein und vielleicht kommt ja irgendwann noch der richtige Mann und bringt seine eigene Familie mit. Und dann wird man zusammen eine große Familie.

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Das ist ein schöner Gedanke, liebe Verfasserin. Danke für dein Vertrauen! Ich wünsche dir alles Gute.